Illustration von einem Mann, der durch ein Fernrohr schaut mit Titel: B2B-Kaufverhalten und Strategien für frühzeitige Käuferansprache
von A. Zaszczynski 11. August 2025 Beratung Content Marketing

B2B-Kaufverhalten im Wandel: Strategien für die frühzeitige Käuferansprache

Das aktuelle B2B-Kaufverhalten stellt Marketing- und Vertriebsteams vor grundlegende Herausforderungen. Käufer sind im Durchschnitt bereits zu rund 70 Prozent ihres Entscheidungsprozesses vorangeschritten, bevor sie erstmals den Kontakt zu potenziellen Anbietern aufnehmen. In über 80 Prozent der Fälle geht diese Initiative vom Käufer aus – häufig mit bereits klar definierten Anforderungen und einem bevorzugten Anbieter. Für Unternehmen bedeutet dies, dass klassische Lead-Generierung deutlich an Einfluss verliert. Dieser Newsletter beleuchtet auf Basis der 2024 Buyer Experience Studie, wie sich B2B-Entscheidungsprozesse in Nordamerika, EMEA und APAC verändern und welche Strategien erforderlich sind, um frühzeitig Sichtbarkeit, Relevanz und Präferenz aufzubauen.

Der neue B2B-Kaufprozess: Von der Informationshoheit zum selbstbestimmten Käufer

Käuferautonomie und der Point of First Contact

Der Point of First Contact (POFC) markiert den Zeitpunkt, an dem ein Käufer erstmals direkt mit einem potenziellen Anbieter in Kontakt tritt. Die aktuelle 2024 Buyer Experience Studie zeigt, dass dieser Moment im Durchschnitt erst erreicht wird, nachdem die Käufer bereits umfassend recherchiert und sich intern abgestimmt haben. Regionale Unterschiede sind erkennbar: Während Käufer in der APAC-Region tendenziell noch später Kontakt aufnehmen, liegt EMEA leicht unter dem globalen Durchschnitt und Nordamerika im Mittelfeld. Auffällig ist, dass in mehr als 80 Prozent der Fälle der Käufer selbst den Erstkontakt initiiert – ein klarer Hinweis darauf, dass klassische Akquise-Methoden wie Kaltakquise oder ungezielte E-Mail-Kampagnen an Effektivität verlieren.

Früh festgelegte Anforderungen und bevorzugte Anbieter

Die Daten belegen, dass 85 Prozent der B2B-Käufer ihre Anforderungen weitgehend oder vollständig definiert haben, bevor sie einen Anbieter kontaktieren. Zudem steht in über 80 Prozent der Fälle der spätere Gewinner der Ausschreibung bereits fest. Diese Präferenzen entstehen durch interne Abstimmungsprozesse, die Auswertung von Analystenberichten sowie durch die Beratung externer Experten. Der Wechsel zu einem anderen Anbieter nach dem Erstkontakt ist entsprechend selten. Für Anbieter bedeutet das: Wer nicht bereits in der frühen Recherchephase sichtbar ist, läuft Gefahr, gar nicht erst in die engere Auswahl zu kommen.

Implikationen für Marketing und Vertrieb

Für Marketing- und Vertriebsteams ist dieser Paradigmenwechsel im B2B-Kaufverhalten von entscheidender Bedeutung. Markenpräsenz muss bereits in der frühen, noch unsichtbaren Phase des Kaufprozesses aufgebaut werden – lange bevor ein formaler Dialog mit dem Käufer beginnt. Thought Leadership, strategisch ausgerichtetes Content Marketing und konsequente SEO-Massnahmen sind dabei zentrale Hebel. Ebenso wichtig ist die gezielte Nutzung von Buying Signals und Datenanalyse, um potenzielle Kunden zu identifizieren und ihnen relevante Inhalte im richtigen Kontext bereitzustellen. Nur die enge Verzahnung von Branding und Demand Generation ermöglicht es, sich nachhaltig als bevorzugter Anbieter zu positionieren.

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Warum der Buying Cycle im B2B komplexer und länger wird

Faktoren, die die Länge des Buying Cycle beeinflussen

Der Buying Cycle im B2B-Bereich dauert im globalen Durchschnitt 11,5 Monate – mit signifikanten regionalen Unterschieden: In EMEA liegt er bei 10,2 Monaten, in Nordamerika bei 11,2 Monaten, während APAC mit 13,2 Monaten die längsten Zyklen aufweist. Haupttreiber dieser Dauer sind die Größe des Buying Teams, die Anzahl der evaluierten Anbieter und das Kaufvolumen. Größere Teams bringen mehr Abstimmungsbedarf mit sich, während eine größere Anbieterzahl sowohl die Evaluations- als auch die Entscheidungsphase verlängert. Hinzu kommen indirekte Effekte: Wer mehr Anbieter prüft, führt automatisch mehr Interaktionen, was zusätzliche Koordination erfordert. Auch die Unternehmensgröße und branchenspezifische Anforderungen – etwa regulatorische Vorgaben in der Pharmaindustrie oder lange Testphasen im Maschinenbau – beeinflussen den Zeitrahmen erheblich.

Auswirkungen komplexer Kaufentscheidungen auf B2B-Marketing

Lange und komplexe Kaufentscheidungsprozesse bedeuten, dass Marketing und Vertrieb eng verzahnt agieren müssen. Entscheidungen werden selten von einer einzelnen Person getroffen; vielmehr sind mehrere Stakeholder mit unterschiedlichen Rollen und Interessen involviert. Für das B2B-Marketing ist es entscheidend, während des gesamten Prozesses konsistente und relevante Botschaften zu vermitteln, um Vertrauen aufzubauen und zu festigen. Über Monate hinweg muss eine Marke präsent bleiben, ohne als aufdringlich wahrgenommen zu werden. Relationship Building, Thought Leadership und ein tiefes Verständnis der Kundenbranche gewinnen dadurch an Gewicht.

Strategien zur Verkürzung und Beeinflussung des Buying Cycle

Auch wenn viele Faktoren im Kaufentscheidungsprozess nicht direkt kontrollierbar sind, können Unternehmen den Buying Cycle durch gezielte Maßnahmen positiv beeinflussen. Eine frühe Sichtbarkeit in der Recherchephase, verbunden mit einer klaren Positionierung über relevanten Content, erhöht die Wahrscheinlichkeit, in die engere Auswahl zu kommen. Account-Based Marketing (ABM) ermöglicht es, Schlüsselentscheidern maßgeschneiderte Inhalte anzubieten und den Entscheidungsprozess zu unterstützen. Datenanalysen und Buying Signals helfen, den richtigen Zeitpunkt für die Ansprache zu bestimmen. Darüber hinaus schaffen Proof Points wie Referenzen, Fallstudien und ROI-Analysen Sicherheit bei den Stakeholdern und verkürzen Entscheidungswege.

Neue Anforderungen an den B2B-Vertrieb in einer selbstbestimmten Kundenreise

Vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt

Die aktuellen Marktdaten belegen einen deutlichen Machtwechsel im B2B-Vertrieb: Käufer bestimmen heute selbst, wann und wie sie den ersten Kontakt zu potenziellen Anbietern aufnehmen. Dieser Zeitpunkt liegt durchschnittlich bei rund 69 % des gesamten Kaufprozesses – lange nachdem die meisten Anforderungen definiert und oft sogar ein bevorzugter Anbieter festgelegt wurden. Klassische, auf Kaltakquise und frühzeitige Kontaktaufnahme ausgelegte Vertriebsstrategien verlieren dadurch an Wirksamkeit. Lead-Generierung muss sich an der neuen Realität orientieren: Der Vertrieb agiert zunehmend als Lösungsberater, der bestehende Präferenzen bestätigt und vertieft, anstatt Kaufentscheidungen von Grund auf zu beeinflussen.

Integration von Vertrieb und Marketing

In einer selbstbestimmten Kundenreise ist eine klare Trennung zwischen Marketing- und Vertriebsaufgaben nicht mehr zielführend. Ein abgestimmter Go-to-Market-Ansatz, bei dem beide Bereiche dieselben Daten, Insights und Buying Signals nutzen, ist entscheidend. Der Übergang von rein MQL (Marketing qualified Lead)-orientierten Modellen zu intent-basierten Strategien ermöglicht es, Interessenten gezielt anzusprechen, sobald konkrete Kaufabsichten erkennbar sind. Gleichzeitig ist eine enge Abstimmung bei der Content-Strategie erforderlich, damit in jeder Phase der Kundenreise passende Inhalte bereitstehen – von der frühen Informationssuche bis zur finalen Entscheidungsbestätigung.

Skills und Tools für den modernen B2B-Vertrieb

Der moderne B2B-Vertrieb erfordert weit mehr als nur klassische Verkaufsfertigkeiten. Datenkompetenz und analytisches Verständnis sind zentrale Qualifikationen, um die richtigen Signale aus Markt- und Kundendaten zu erkennen. Der Einsatz leistungsfähiger CRM- und Marketing-Automation-Tools ermöglicht eine präzise Segmentierung und effiziente Betreuung potenzieller Kunden. Darüber hinaus muss der Vertrieb in der Lage sein, komplexe Stakeholder-Gruppen zu führen und Konsens zu schaffen. Digitale Kanäle, virtuelle Meetings und personalisierte Online-Präsentationen sind unverzichtbare Werkzeuge, um Beziehungen aufzubauen und zu pflegen – besonders in langwierigen und vielschichtigen Entscheidungsprozessen.

Frühe Einflussnahme: Wie Content und Markenpräsenz die B2B-Kundenreise prägen

Relevanz in der frühen Research-Phase

Die ersten Phasen der B2B-Kundenreise verlaufen meist unsichtbar für Anbieter. Käufer verbringen bis zu 70 Prozent ihres Entscheidungsprozesses mit interner Recherche, dem Austausch in Fachkreisen und der Analyse externer Quellen – ohne direkten Kontakt zu potenziellen Anbietern. In dieser Zeit entscheidet sich, welche Marken überhaupt in die engere Auswahl kommen. Sichtbarkeit in relevanten Suchmaschinen, Fachmedien und Branchenportalen ist daher entscheidend. Thought Leadership und eine klar erkennbare Branchenexpertise schaffen Vertrauen noch bevor der erste persönliche Austausch stattfindet. Wer in dieser Phase nicht präsent ist, verliert den Zugang zu wichtigen Entscheidern, noch bevor die eigentliche Kaufdiskussion beginnt.

Content Marketing als strategischer Hebel

Ein gezieltes Content Marketing entlang der gesamten Kundenreise ist ein zentrales Werkzeug, um Einfluss auf die Kaufentscheidung zu nehmen. Whitepaper, Case Studies, Webinare und Fachartikel dienen nicht nur der Informationsvermittlung, sondern auch der Positionierung als Lösungsanbieter mit fundierter Expertise. Entscheidend ist die SEO-Optimierung, um organisch in den Suchergebnissen präsent zu sein, wenn relevante Fragen gestellt werden. Der Einsatz von Storytelling in Verbindung mit belastbaren Daten macht komplexe Inhalte verständlich und einprägsam. So können Unternehmen ihre Glaubwürdigkeit festigen und gleichzeitig die für den Entscheidungsprozess relevanten Themen besetzen.

Markenpräsenz als Entscheidungskriterium

Eine starke Marke ist im Kopf des Käufers bereits präsent, bevor der erste Kontakt hergestellt wird. Konsistente Botschaften, ein klar erkennbarer visueller Auftritt und eine wiedererkennbare Positionierung über alle Kanäle hinweg sind dabei Schlüsselfaktoren. Neben der rationalen Überzeugungskraft durch Leistungsdaten und Referenzen spielt auch die emotionale Bindung eine Rolle – insbesondere bei langfristigen Geschäftsbeziehungen. Kontinuität in der Markenkommunikation und der konsequente Mehrwert für den Kunden schaffen Vertrauen. Diese Wahrnehmung wirkt oft als finaler Impuls, wenn es um die Auswahl des bevorzugten Anbieters geht.

Schlussfolgerung

Das veränderte B2B-Kaufverhalten erfordert ein Umdenken in Marketing und Vertrieb. Käufer kontrollieren heute nicht nur den Zeitpunkt des Erstkontakts, sondern gestalten den gesamten Entscheidungsprozess weitgehend selbstbestimmt. Rund 70 Prozent der Kaufreise verlaufen ohne direkten Austausch mit Anbietern, und in den meisten Fällen sind Anforderungen sowie ein bevorzugter Anbieter bereits definiert, bevor ein Gespräch beginnt. Mit einem durchschnittlichen Buying Cycle von 11,5 Monaten, komplexen Entscheidungsstrukturen und zahlreichen Stakeholdern ist es unerlässlich, Marketing- und Vertriebsstrategien eng zu verzahnen.

Frühe Markenpräsenz, relevanter Content und die gezielte Nutzung von Buying Signals sind die Schlüssel, um in dieser neuen Realität erfolgreich zu agieren. Wer seine Sichtbarkeit nur auf die späten Phasen des Kaufprozesses fokussiert, läuft Gefahr, von der Vorauswahl ausgeschlossen zu werden. Unternehmen, die ihre Go-to-Market-Strategie anpassen, erhöhen nicht nur ihre Chancen auf den Zuschlag, sondern sichern sich langfristig eine starke Marktposition.

Überprüfen Sie Ihre aktuellen Ansätze für Marketing und Vertrieb – und evaluieren Sie, ob Ihre Marke in der frühen Phase der Kundenreise sichtbar und relevant ist. Sprechen Sie uns an, wenn Sie individuelle Strategien zur frühzeitigen Käuferansprache entwickeln möchten.

Quellen: 2024 Buyer Experience Studie, 6sense Research

Die Fotos sind KI-generiert.

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Über A. Zaszczynski

Ich bin Andrea Zaszczynski und arbeite im Bereich der internationalen Public Relations mit einem speziellen Fokus auf B2B-Kommunikation. Ich bin Geschäftsführerin der Agentur AzetPR International Public Relations, einer PR-Agentur in Hamburg, die sich auf strategische Beratung, zielgerichtete PR-Kampagnen und die Implementierung effektiver PR- und Online-Strategien für Technologieunternehmen spezialisiert hat. Unsere Agentur ist bekannt für ihre Expertise in verschiedenen Sektoren wie Verpackung, Processing, Energie und und Technologie. Mein Team und ich nutzen innovative Werkzeuge wie KI für Brainstorming und zur Optimierung von SEO- und SEA-Strategien, um einen kreativen und datengesteuerten Ansatz in der Public Relations zu gewährleisten. Weitere Infos zu meiner Expertise hier!